Ein oberösterreichischer Händler hat Peugeot verklagt, in der Beziehung zu seinen Vertragspartnern seine marktbeherrschende Position zu missbrauchen. Das Wiener Kartellgericht ist dieser Argumentation nun gefolgt.
Das Wiener Kartellgericht hat in einer Entscheidung vom 12. Mai geurteilt, dass die österreichische Peugeot-Importeurstochter von PSA gegen das Verbot des Marktmachtmissbrauchs verstoßen hat. Wie einer aktuellen Presseerklärung mehrerer österreichischer Kfz-Verbände vom Dienstag zu entnehmen ist, wird dem Urteil Signalwirkung auch für die andere Händlernetze in ganz Europa zugeschrieben. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Nach Ansicht des Sprechers des österreichischem Kfz-Einzelhandels, Josef Schirak, hat sich das Kräfteverhältnis zwischen Hersteller und Handel schon seit vielen Jahren immer mehr zu Lasten der Vertragspartner verschlechtert. „Nunmehr hat das Kartellgericht klargestellt, dass in vielen Fällen ein Marktmachtmissbrauch vorliegt“, so Schirak.
Das erstinstanzliche Urteil ist das Ergebnis eines langjährigen Rechtsstreites zwischen dem oberösterreichischen Peugeot-Händler Büchl und Peugeot Austria.
Ein Sprecher der Importeurstochter zeigte sich auf Anfrage des in Wien erscheinenden „Standard“ von der Gerichtsentscheidung „überrascht“. Viele der Ausführungen des Kartellgerichts zu den dem Antrag stattgebenden Punkten seien „schlicht nicht nachvollziehbar“. Es ist damit zu rechnen, dass PSA vor dem Obersten Gerichtshof in Wien in Berufung gehen wird.
Das Kartellgericht äußerte sich in der aktuellen Entscheidung offenbar ausführlich zu den Geschäftspraktiken von Peugeot Österreich. Es beanstandete unter anderem:
dass der Importeur den Händler wirtschaftlich zur Teilnahme an Vertriebsaktionen zwingt und damit dessen Freiheit bei der Preisgestaltung beim Endkunden beschränkt,
dass Prämienzahlungen des Importeurs von Kundenzufriedenheitserhebungen abhängen,
dass die Händlermarge dadurch unter Druck gerät, dass die Verkaufsziele zu hoch angesetzt sind und die Niederlassungen des Importeurs mit kaum darstellbaren Preisen am Markt agieren,
dass aufwendige Kontrollsysteme sowie eine nicht kostendeckende Vergütung die Garantie- und Gewährleistungsarbeiten für die Händler unrentabel machen,
dass der Importeur den Händlern die Kosten für Mystery Shopping und Service-Audits aufbürdet.
Wie der „Standard“ schreibt, ist der Kläger nicht mit all seinen vorgebrachten Punkten durchgekommen. So etwa bei den durch Standards vorgeschriebenen Investitionen in die Innen-CI sowie die Verrechnung von Schulungspauschalen. Das alles sah das Gericht als zumutbar an, nicht zuletzt, weil der Hersteller sich an den Kosten für Innen-CI-Maßnahmen beteilige.
ZDK prüft Tragweite des Beschlusses
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) hat unterdessen das Urteil gegen den österreichischen Importeur begrüßt. „Der Beschluss ist ein positives Signal für die Händler in Europa“, sagte ZDK-Hauptgeschäftsführer Axel Koblitz in Bonn. „Wir werden uns jetzt intensiv mit den Einzelheiten des Beschlusses auseinandersetzen und den weiteren Verlauf des Rechtsstreites aufmerksam verfolgen, da es ja voraussichtlich nicht bei dieser erstinstanzlichen Entscheidung bleiben wird“.
Aus früheren Äußerungen des Bundesgremialobmanns des österreichischen Fahrzeughandels, Klaus Edelsbrunner, wird deutlich, was die klagende Händlerseite durch den Prozess erreichen will: Mit der gerichtlichen Feststellung, dass ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung vorliegt, hätten klagende Händler eine Waffe in der Hand, die stark genug sei, um Peugeot dazu zu bringen, auf Augenhöhe mit ihnen zu sprechen. Man wolle lediglich „wie Partner miteinander reden und künftig Investitionen absprechen“.
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