• 2018 wie 1968: Die Opel-Tage auf dem Motodrom

    -gtmp-jpgFür eine Stunde hielt der Hockenheimring den Atem an. Die Testteams mit ihren Formel-Rennern und Tourenwagen unterbrachen ihre Arbeit und stellten sich entlang der Boxenmauer auf – und da kamen sie: 75 tipptopp gepflegte Opel GT aus ganz Europa donnerten an Start-und-Ziel vorbei. Opel Classic brachte dabei den ältesten GT von 1968 („die Nummer 1“) und den jüngsten von 1973 an den Start.

    Angeführt wurde das Feld von Walter Röhrl, 1982 Rallye-Weltmeister auf einem Opel Ascona 400, und dem Designer des GT, Erhard Schnell, als Copilot. Die beiden saßen im privaten silberfarbenen Opel GT von Röhrl. Auch mit dabei: Opel-Rennlegende Volker Strycek ebenfalls in seinem eigenen Opel GT Junior sowie seltene Tuning-Varianten von Irmscher und Conrero. Sie alle waren und sind Teil der Grand Tour, die der Dachverband der europäischen GT Clubs zwischen dem 19. und 22. September durchführt. Das Finale findet am Samstag im Opel Test-Center Dudenhofen statt.

    Anlass für die schnellen Runden über den Hockenheimring war der 50. Geburtstag des Opel GT. Vom 21. bis zum 29. Oktober 1968 hatte Opel zu den GT-Testtagen ins Badische eingeladen. Bei der damaligen Präsentation standen 41 Opel GT 1100 und Opel GT 1900 sowie 44 weitere Sportmodelle vom Rallye Kadett bis zum Commodore GS bereit. Journalisten, Händler, Verkäufer, Kunden und Sportfahrer konnten sich von den Talenten des damaligen Newcomers überzeugen.

    Passend zum Werbeslogans „Nur Fliegen ist schöner“ zeigten die schwedischen Rallye-Piloten Lillebror Nasenius (Europameister 1966 auf Opel Rekord) und Sylvia Österberg auf Demorunden inklusive Sprungeinlagen, wozu der neue Sportwagen aus Rüsselsheim fähig war. 50 Jahre später lenkt der zweimalige Rallye-Weltmeister Walter Röhrl seinen silberfarbenen Opel GT mit unnachahmlicher Präzision über den Hockenheimring. Der Perfektionist am Steuer hat den Opel GT von einem langjährigen Weggefährten gekauft, vom Opel-Chefmechaniker Herbert Fabian, der 1982 Röhrl seinen zweiten WM-Titel rettet als er bei der Rallye Elfenbeinküste dem Ascona 400 über Nacht eine neue Hinterachse einbaute. Das Team Röhrl/Geistdörfer gewann die Rallye und die Weltmeisterschaft.

    2016 besucht Walter Röhrl seinen Freund zu dessen Geburtstag im hessischen Trebur. Da zeigt ihm Fabian einen silberfarbenen GT in Bestzustand und eröffnet ihm, dass er das Coupé über zehn Jahre hinweg restauriert habe, aber es ihm inzwischen zu mühselig sei, in den engen Sportwagen zu krabbeln. „Dann verkauf ihn bitte mir“, ist Röhrls spontane Reaktion. „Es gibt drei Gründe, warum ich den GT haben wollte. Der erste ist, dass in meiner Jugend jeder, auch ich, von diesem Coupé träumte. Dann erinnert mich das Auto an die Zeit und die gemeinsamen Erfolge mit Opel und an die Freundschaft mit Herbert Fabian.“

    -sr-jpgBei der Grand Tour trifft Walter Röhrl erstmals auf jenen Künstler, der dem GT seine einzigartige Form schenkte – Erhard Schnell. Der Designer ist auch mit 91 Lebensjahren Feuer und Flamme für seinen großen Wurf. „Schon 1968 waren die Reaktionen großartig, doch heute habe ich das Gefühl, wird der GT sogar noch ein bisschen mehr geliebt“, erzählt er. Schnell übernimmt in Hockenheim die Rolle des Copiloten von Walter Röhrl. Zurück im Fahrerlager kommt dem „Langen“ aus Regensburg eine Idee: Er bittet Schnell, seinen GT auf einem der legendären Klappscheinwerfer zu signieren. Zum ersten Mal ist es Röhrl, der jemanden um ein Autogramm bittet.

    Beim Revival der Opel-Tage in Hockenheim wollen alle dabei sein: Der Präsident des amerikanischen GT Clubs, Gil Wesson, ist über den großen Teich geflogen. Er hatte in diesem Jahr bereits eine achttägige Geburtstagstour entlang der legendären Route 66 durch die USA organisiert. Der Regisseur der Grand Tour heißt Olaf Moldzen. Der Norddeutsche aus Ratzeburg steht dem Dachverband europäischer Opel GT Clubs vor. Dazu gehören aktuell 28 Vereine mit rund 1450 Mitgliedern und 1550 Fahrzeugen. Klar, dass Moldzen auch in Hockenheim mit seinem 69er GT 1900 sowie obendrein einem Irmscher-Tourenwagen am Start steht.

    Apropos Rennwagen: Neben einem zweiten, neu aufgebauten Coupé von Opel-Haustuner Irmscher röhrt ein Conrero GT im Motodrom. Der Renner aus Italien ist der Held der Targa Florio von 1971, wo er sich gegen motorisch überlegene Konkurrenz von Porsche behaupten konnte. Ebenfalls sehr auffällig ist der orangefarbenen GT 1900 Junior von Volker Strycek. Der Direktor Performance Cars und Motorsport bei Opel lenkt seinen Oldie wie immer leidenschaftlich durch die Kurven.

    1968 rollte der erste Opel GT vom Band, zuvor auf Herz und Nieren geprüft im damals neuen Opel Test-Center Dudenhofen. Das Sportcoupé war das Ergebnis einer deutsch-französischen Zusammenarbeit und somit ein waschechter Europäer: Die französischen Karosseriebauer Chausson und Brissoneau & Lotz, bei Opel aufgrund vorangegangener Projekte wohlbekannt, übernahmen die Press- und Schweißarbeiten der Blechteile sowie Lackierung und Innenausstattung. In Deutschland fand die Montage von Fahrwerk und Motor statt.

    Für die GT-Kunden standen zwei Triebwerke zur Wahl: Ein aus der Kadett-Familie bekannter 1,1-Liter-Vierzylinder mit 60 PS und ein 90 PS starkes 1,9-Liter-Aggregat aus der Rekord-Baureihe. Von Anfang an besonders gefragt war der GT 1900: Bei 185 km/h Spitze und einer Beschleunigung von null auf Tempo 100 in 11,5 Sekunden schlugen und schlagen die Herzen sportlicher Autofahrer höher. Serienmäßig gelangte die Motorkraft über ein manuelles, sehr präzise zu schaltendes Vier-Gang-Getriebe zur Hinterachse. Die optionale Drei-Gang-Automatik wurde von den europäischen Kunden äußerst selten gefordert, dafür erfreute sie sich in den USA umso größerer Beliebtheit. Immerhin knapp 70 Prozent der insgesamt 103 463 jemals produzierten GT-Modelle fanden dort ihren Erstbesitzer. Inzwischen sind viele dieser Exporte wieder zurück in Europa und einige davon feiern auf der Grand Tour 2018. (ampnet/Sm)